Das Zewo-Gütesiegel

Zewo-Gütesiegel


In der Schweizer Spendenwelt ist das Zewo-Gütesiegel ein allgegenwärtiges Siegel, das Spendern als Orientierungshilfe dient. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dieser Zertifizierung? Wie ist sie entstanden, welche Kriterien müssen erfüllt werden und welche Vor- und Nachteile bringt sie für gemeinnützige Organisationen mit sich? In diesem umfassenden Artikel werfen wir einen Blick hinter die Kulissen des Zewo-Gütesiegels, um ein tieferes Verständnis für dieses einflussreiche Qualitätssiegel zu entwickeln.

Die Entstehung des Zewo-Gütesiegels

Die Geschichte des Zewo-Gütesiegels reicht bis ins Jahr 1934 zurück, als die "Zentrale Auskunftsstelle für Wohlfahrtsunternehmungen" ihre Tätigkeit aufnahm. Schon damals ging es der Organisation darum, Spender vor unseriösen Spendensammlungen zu schützen und das Vertrauen in die Schweizer Spendenwelt zu stärken. 1936 konstituierte sich die Stelle als Verein und nahm bald darauf den Namen "Zewo" an, der sich über die Jahre etablierte.

Im Jahr 2001 wurde die Zewo dann zur unabhängigen Stiftung, die bis heute das bekannteste Gütesiegel für gemeinnützige Organisationen in der Schweiz vergibt. Dieses Signet dient Spendern als Orientierungshilfe und soll ihnen die Gewissheit geben, dass ihre Spende bei einer zertifizierten Organisation in guten Händen ist.

Die 21 Zewo-Standards

Um das begehrte Zewo-Gütesiegel zu erhalten, müssen gemeinnützige Organisationen 21 Standards erfüllen, die von der Stiftung festgelegt wurden. Diese Standards umfassen verschiedene Aspekte wie Integrität, Transparenz, Effizienz und Wirkung.

Integrität

Die Organisationen müssen darlegen, dass sie integer und unabhängig agieren. Dazu gehört unter anderem, dass das oberste Leitungsorgan mindestens fünf voneinander unabhängige Mitglieder umfasst und Interessenkonflikte vermieden werden.

Transparenz

Spendern muss eine klare und umfassende Information über die Verwendung der Spendengelder geboten werden. Zudem müssen die Jahresberichte, Jahresrechnungen und Revisionsberichte öffentlich zugänglich sein.

Effizienz

Der Einsatz der Spendengelder soll wirtschaftlich und effizient erfolgen. So dürfen maximal 25% für Fundraising und Verwaltung ausgegeben werden, während mindestens 65% in Projekte fliessen müssen.

Wirkung

Nicht zuletzt müssen die Organisationen nachweisen, dass ihre Arbeit tatsächlich Wirkung entfaltet und die angestrebten Ziele erreicht werden. Allerdings ist dieser Aspekt laut Kritikern bislang nicht sonderlich tiefgehend geprüft.

Der Weg zum Zewo-Gütesiegel

Um das begehrte Zewo-Gütesiegel zu erhalten, müssen sich gemeinnützige Organisationen einem aufwendigen Prüfverfahren unterziehen. Zunächst erfolgt eine unverbindliche Einschätzung, bei der die Zewo-Experten die Organisation auf Herz und Nieren prüfen.

Anschliessend kann die eigentliche Zertifizierung beantragt werden, die in zwei Stufen abläuft: Zunächst wird eine Vorprüfung für rund 2.500 Franken durchgeführt, bevor dann die Hauptprüfung folgt. Diese Hauptprüfung wird anhand eines Stundenansatzes von 150 Franken berechnet und beläuft sich im Durchschnitt auf 5.000 Franken.

Doch damit nicht genug: Alle fünf Jahre muss die Zertifizierung erneuert werden, was weitere 2.500 bis 3.500 Franken kostet. Hinzu kommen jährliche Lizenzgebühren von 500 bis 13.000 Franken. Kein Wunder also, dass viele kleinere Organisationen auf eine Zewo-Zertifizierung verzichten.

Kritik am Zewo-Gütesiegel

Trotz seiner weiten Verbreitung und Bekanntheit in der Schweizer Spendenwelt steht das Zewo-Gütesiegel immer wieder in der Kritik. Vor allem die hohen Kosten und der bürokratische Aufwand für die Zertifizierung stossen bei vielen Organisationen auf Unmut.

Zu hohe Kosten

Gerade für kleinere Hilfswerke können die Kosten von bis zu 13.000 Franken pro Jahr eine enorme Belastung darstellen. Viele bevorzugen es daher, die Spendengelder lieber direkt in ihre Projekte zu investieren, anstatt sie für die Zewo-Zertifizierung aufzuwenden.

Zu viel Bürokratie

Auch die 21 Zewo-Standards, die erfüllt werden müssen, gelten in den Augen mancher Organisationen als übermässig bürokratisch. Vor allem für Einpersonenbetriebe, die ihr Hilfswerk ehrenamtlich führen, sind Vorgaben wie die Trennung von Leitungsgremium und Geschäftsleitung nur schwer umzusetzen.

Mangelnde Kontrolle der Wirkung

Ein zentraler Kritikpunkt ist zudem, dass die Zewo zwar die Buchhaltung und Transparenz der Organisationen prüft, aber kaum Kontrolle über die tatsächliche Wirksamkeit der Projekte ausübt. Ob die Spendengelder also wirklich effektiv eingesetzt werden, bleibt oft unklar.

Alternativen zum Zewo-Gütesiegel

Angesichts der Kritik am Zewo-Gütesiegel haben sich einige grosse Hilfsorganisationen dazu entschlossen, andere Wege der Zertifizierung zu gehen. So setzen etwa Unicef Schweiz oder Médecins Sans Frontières auf international bekannte Qualitätssiegel wie ISO 9001, die von unabhängigen Stellen vergeben werden.

Andere Organisationen wie die Heilsarmee oder Chachachi verzichten ganz auf eine Zertifizierung und vertrauen stattdessen auf ihre langjährige Tradition und das Vertrauen der Spender. Sie argumentieren, dass ein Gütesiegel nicht zwangsläufig eine Garantie für seriöses und wirksames Handeln sei.

Der Standpunkt der Zewo

Die Stiftung Zewo wehrt sich natürlich gegen die Kritik an ihrem Gütesiegel. Geschäftsleiterin Martina Ziegerer betont, dass die Standards dazu beitragen würden, dass Hilfswerke nicht von einer einzelnen Person abhängig seien, die sich selbst kontrolliere. Aus Sicht der Spender seien solche Kontrollen wichtige Grundlagen.

Zudem weist Ziegerer den Vorwurf zurück, die Kosten für eine Zertifizierung seien zu hoch. Über einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet, müssten kleine Organisationen lediglich mit rund 1.300 Franken pro Jahr rechnen. Auch die Behauptung, man könne die Qualität der Projekte vor Ort nicht kontrollieren, lässt Ziegerer nicht gelten. Die Zewo informiere sich über Berichte von Fachpersonen, die mit den Verhältnissen vertraut seien.

Der Nutzen des Zewo-Gütesiegels

Trotz der teilweise berechtigten Kritik bietet das Zewo-Gütesiegel für viele Organisationen auch Vorteile. Zum einen dient es Spendern als wichtige Orientierungshilfe und stärkt so das Vertrauen in die jeweilige Organisation.

Darüber hinaus profitieren zertifizierte Hilfswerke von Rabatten und Vorteilen, etwa bei Werbemassnahmen. Und nicht zuletzt kann das Signet auch dabei helfen, mehr Spenden zu generieren - ein nicht zu unterschätzender Faktor, gerade für kleinere Organisationen.

Die Zukunft des Zewo-Gütesiegels

Angesichts der anhaltenden Kritik stellt sich die Frage, wie es mit dem Zewo-Gütesiegel weitergehen wird. Wird es seine Vormachtstellung in der Schweizer Spendenwelt behaupten können oder werden alternative Zertifizierungen an Bedeutung gewinnen?

Fest steht, dass die Zewo-Stiftung gefordert ist, ihre Standards und Prüfverfahren zu überdenken und an die Bedürfnisse gerade kleinerer Organisationen anzupassen. Nur so kann sie auf Dauer das Vertrauen der Spender und der gemeinnützigen Akteure bewahren.

Gleichzeitig zeigt sich, dass viele Hilfswerke durchaus bereit sind, andere Wege zu gehen und sich von unabhängigen Stellen zertifizieren zu lassen. Die Zukunft des Zewo-Gütesiegels hängt also massgeblich davon ab, ob es der Stiftung gelingt, ihre Kritiker zu überzeugen und das Siegel attraktiv und relevant zu halten.

Fazit

Das Zewo-Gütesiegel ist ein fester Bestandteil der Schweizer Spendenwelt und geniesst bei vielen Spendern hohes Ansehen. Gleichzeitig steht es immer wieder in der Kritik - sei es wegen der hohen Kosten, des bürokratischen Aufwands oder der mangelnden Kontrolle der tatsächlichen Wirksamkeit.

Angesichts dieser Herausforderungen ist es für die Zewo-Stiftung wichtig, ihre Standards und Prüfverfahren zu überdenken und an die Bedürfnisse der Organisationen anzupassen. Nur so kann sie langfristig das Vertrauen der Spender und Hilfswerke bewahren und ihre Vormachtstellung in der Schweizer Spendenwelt behaupten.

Letztlich zeigt sich, dass das Zewo-Gütesiegel kein Allheilmittel ist und dass es durchaus Alternativen gibt. Entscheidend wird sein, ob es der Stiftung gelingt, ihre Kritiker zu überzeugen und das Siegel attraktiv und relevant zu halten. Die Zukunft des Zewo-Gütesiegels bleibt also spannend.


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