Macht Spenden glücklich?

Wohltätige Gaben zu leisten ist eine edle Geste, die weit über den rein finanziellen Aspekt hinausgeht. Studien zeigen, dass das Spenden nicht nur anderen hilft, sondern auch den Spendern selbst ein Gefühl der Erfüllung und des Wohlbefindens schenkt. In diesem Beitrag beleuchten wir die vielschichtigen Auswirkungen des Gebens und erörtern, wie Grosszügigkeit zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten führen kann.
Altruismus: Die treibende Kraft hinter dem Spenden
Einer der Hauptgründe, warum Menschen spenden, ist der innige Wunsch, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Dieses Streben nach Altruismus ist tief in der menschlichen Natur verwurzelt und findet seinen Ausdruck in verschiedenen Formen der Wohltätigkeit. Manche Menschen fühlen sich dem Schicksal von Kindern besonders verbunden, andere engagieren sich für die Rechte von Flüchtlingen oder setzen sich gegen Armut ein.
Die persönliche Biografie und individuelle Neigungen spielen oft eine entscheidende Rolle bei der Wahl der unterstützten Organisation. Philippe, ein Vater von drei Kindern aus der Region Broye, spendet seit Jahren an Mercy Ships. In seinem Fall wurzelt die Motivation in einem familiären Umfeld, in dem Grosszügigkeit hochgehalten wurde. Seine Eltern adoptierten einst ein blindes Mädchen aus Indien, dem sie durch eine Operation den Grauen Star nehmen und so das Augenlicht schenken konnten. Für Philippe war dies ein prägender Akt der Nächstenliebe, der ihn bis heute inspiriert.
Spenden in Krisenzeiten: Eine Geste der Solidarität
In einer zunehmend unsicheren Welt, die von Krisen und Herausforderungen geprägt ist, gewinnt das Spenden an Bedeutung. Katastrophen wie Kriege, Naturkatastrophen oder Pandemien sensibilisieren die Öffentlichkeit und führen oft zu einem Anstieg der Spendenbereitschaft. So verzeichnete die Stiftung Glückskette nach der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 Spenden in Höhe von über 127 Millionen Franken zur Unterstützung der Betroffenen.
Die Schweiz ist traditionell ein Land der Spenderinnen und Spender. Laut der unabhängigen Stiftung ZEWO, die seit knapp 20 Jahren die Jahresspendenstatistiken veröffentlicht, liegt das jährliche Spendenvolumen seit 2020 bei über 2 Milliarden Franken. Diese beeindruckende Zahl zeugt von der tief verwurzelten Kultur der Hilfsbereitschaft in der Schweizer Gesellschaft.
Der Glücksfaktor: Wie Spenden Zufriedenheit schenkt
Überraschenderweise ist es nicht nur der Altruismus, der Menschen zum Spenden bewegt. Viele Spenderinnen und Spender berichten, dass die Geste des Gebens selbst sie mit einem Gefühl der Freude und Zufriedenheit erfüllt. Pasqualina Perrig-Chiello, Professorin für Psychologie an der Universität Bern, bestätigt diesen Zusammenhang: "Spenden fühlt sich gut an."
Eine Studie aus dem Jahr 2021, in der Spenderinnen und Spender befragt wurden, ergab, dass "viele Menschen sowohl spenden, weil sie sich ihrer eigenen Situation bewusst und dankbar dafür sind, als auch aus Solidarität mit anderen, denen es nicht so gut geht wie uns, denn wir selbst haben unsere eigenen Probleme bewältigen können."
Wissenschaftliche Erkenntnisse: Der Glückseffekt des Spendens
Die Forschung hat sich eingehend mit der Frage befasst, wie Spenden unser Glücksempfinden beeinflusst. Eine wegweisende Studie aus dem Jahr 2008 von Michael Norton, Professor an der Harvard Business School, zeigte einen direkten Zusammenhang zwischen dem Anteil des Einkommens, der gespendet wurde, und dem empfundenen Glücksniveau der Teilnehmer. Je mehr die Probanden spendeten, desto glücklicher fühlten sie sich.
Diese Ergebnisse wurden durch zahlreiche weitere Studien in verschiedenen Teilen der Welt gestützt. Eine internationale Untersuchung von Lara B. Aknin ergab sogar, dass Menschen nach einer Spende ein ähnliches Glücksgefühl verspürten, als hätte sich ihr Einkommen verdoppelt.
Neurologie des Glücks: Wie Spenden unser Gehirn beeinflusst
Die Neurowissenschaften haben Licht auf die neuronalen Vorgänge geworfen, die hinter dem "Glücksgefühl" des Spendens stehen. Wenn wir grosszügig handeln, ist insbesondere der Schläfen-Scheitellappen-Übergang aktiv, eine Region, die für die Fähigkeit verantwortlich ist, die Perspektive anderer einzunehmen.
Beim Spenden kommuniziert dieser Bereich intensiver mit dem Striatum, dem Teil des Belohnungssystems, der für unser Wohlbefinden zuständig ist. Je enger diese Gehirnstrukturen zusammenarbeiten, desto grosszügiger und zufriedener sind wir mit unseren Entscheidungen.
Interessanterweise bearbeitet das Belohnungssystem bei grosszügigen Menschen das Geben ähnlich wie eine Belohnung für sich selbst. Bei weniger spendablen Personen reagiert es hingegen deutlich stärker auf Belohnungen, die sie selbst erhalten.
Psychologische Faktoren: Einflussgrössen auf die Spendenbereitschaft
Obwohl das Spenden allgemein als positiv wahrgenommen wird, variiert die individuelle Spendenbereitschaft je nach Persönlichkeit und Lebensumständen. Einige Faktoren, die eine Rolle spielen, sind:
-
Geschlecht: Frauen gelten in der Regel als grosszügiger als Männer. Dies könnte daran liegen, dass ihr Belohnungssystem sensibler auf prosoziales Verhalten wie Spenden reagiert und der Botenstoff Dopamin in solchen Situationen verstärkt ausgeschüttet wird.
-
Alter: Ältere Menschen neigen tendenziell dazu, grosszügiger zu sein als jüngere. Dies hängt möglicherweise mit ihrer finanziellen Situation zusammen, da sie mit höherer Wahrscheinlichkeit über mehr Geld verfügen.
-
Einkommen: Studien deuten darauf hin, dass Menschen an beiden Enden des Einkommensspektrums tendenziell mehr spenden als die breite Mehrheit dazwischen.
-
Erziehung: Die Art und Weise, wie wir aufwachsen und welche Werte uns vermittelt werden, prägt unsere Einstellung zum Spenden. Mädchen erhalten oft mehr positive Rückmeldungen für altruistisches Verhalten als Jungen.
Es ist wichtig zu betonen, dass Grosszügigkeit nicht an bestimmte Gruppen gebunden ist. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und Kulturen können durch Spenden Gutes bewirken und davon profitieren.
Nachhaltige Auswirkungen: Wie Spenden Leben verändert
Über die persönliche Erfüllung hinaus haben Spenden einen greifbaren, positiven Einfluss auf die Welt. Organisationen wie Mercy Ships setzen sich seit Jahrzehnten dafür ein, bedürftigen Menschen in einigen der ärmsten Regionen der Erde zu helfen. Ihre Projekte zielen darauf ab, nachhaltige Veränderungen zu bewirken und den Menschen Perspektiven für ein menschenwürdiges Leben zu eröffnen.
Die Schwerpunkte reichen von Frauenförderung und Berufsbildung über Mikrokredite und Kinderhilfe bis hin zu Familienplanung und landwirtschaftlicher Entwicklung. Durch sorgfältig ausgewählte einheimische Partner werden die Komponenten an die lokalen Bedürfnisse angepasst und umgesetzt.
Steuerliche Anreize: Finanzielle Vorteile des Spendens
Neben den emotionalen und sozialen Aspekten bietet das Spenden in der Schweiz auch finanzielle Vorteile. Spenden an gemeinnützige Organisationen wie Mercy Ships sind gemäss den Vorgaben des jeweiligen Wohnkantons von den Steuern absetzbar. Die Spendenempfänger stellen dafür jährlich eine Bestätigung aus, die bei der Steuererklärung eingereicht werden kann.
Gemeinschaft der Spender: Zusammenhalt und Austausch
Das Spenden ist nicht nur eine individuelle Handlung, sondern kann auch ein Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts fördern. Viele Organisationen bieten Plattformen, auf denen sich Spenderinnen und Spender austauschen, Erfahrungen teilen und sich gegenseitig inspirieren können.
Dieses Netzwerk aus engagierten Menschen, die eine gemeinsame Vision teilen, kann eine wertvolle Quelle der Motivation und des Antriebs sein. Es zeigt, dass jede Geste, ob gross oder klein, einen Beitrag zu einer besseren Welt leistet.
Spendenkultur gestalten: Kreative Ansätze und Kampagnen
Um Menschen zum Spenden zu bewegen, setzen Organisationen zunehmend auf kreative Kampagnen und visuelle Inhalte. Anstatt auf Schuldgefühle oder Schockeffekte zu setzen, transportieren positive Botschaften Gefühle wie Glück, Freude, Fortschritt und Selbstbewusstsein.
Bilder, Videos, Infografiken und Präsentationen sind effektive Kommunikationsmittel, um Emotionen zu wecken und die Vorteile des Spendens subtil zu vermitteln. Durch eine geschickte Gestaltung können Organisationen ihre Unterstützerinnen und Unterstützer davon überzeugen, dass Spenden nicht nur eine gute Tat, sondern auch eine Quelle der Freude ist.
Fazit: Spenden als Investition in Glück und Gemeinwohl
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Spenden weit mehr ist als ein einfacher finanzieller Akt. Es ist ein kraftvoller Kreislauf, der Glück, Verbundenheit und sogar die Gesundheit fördern kann. Indem wir anderen helfen, tun wir auch uns selbst etwas Gutes.
Ob aus Altruismus, Solidarität oder dem Wunsch nach persönlicher Erfüllung – jede Spende ist ein Beitrag zu einer besseren Welt. Und in einer Zeit, die von Unsicherheit und Herausforderungen geprägt ist, ist dies wichtiger denn je.
Werden auch Sie Teil dieser Bewegung und erleben Sie die Freude des Gebens. Denn wie Philippe es so treffend ausdrückte: "Wer Hilfe braucht, ist froh, wenn jemand hilft. Wir selbst können dieser Jemand sein."




Kommentare